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Freitag, 26. Januar 2018

Winterbriefe an Herrn Klaus

Sehr geehrter Herr Winter,

nun kennen wir uns schon etwas mehr als ein halbes Jahrhundert, mein ganzes Leben lang. Du bist das Viertel eines Ganzen. Vier Himmelsrichtungen, vier Elemente, vier Jahreszeiten. Ohne dich wäre kein Jahr komplett.  Du gehörst dazu. Du bist mein Vertrauter und kein Unbekannter. Und genau aus dem Grund glaube ich, dass wir beide über alles ganz offen miteinander reden können. Ich darf doch DU zu dir sagen, Klaus?
Du kommst mit Silberhaar und Lichterketten, mit einer festlichen Weihnacht und einer ausgelassenen Silvesterparty. Du beschenkst und mit einem jungen Jahr und seiner Stille. Unbeschrieben, rein und mit unendlichen Möglichkeiten. Du übergibst es uns zuverlässig und Punkt Zwölf. So feierlich, das wir es mit Raketen, Wunderkerzen und offenen Armen empfangen.
Liebster Klaus Winter,  ich kann mich gut daran erinnern, das ich als Kind vom Rodeln nach hause kam. Schrecklich verfroren, vom kleinen Zeh bis unter die Zipfelspitzenmütze. Zu hause legte ich mich kommentarlos und in voller Montur einfach auf den Küchenboden, direkt vor dem warmen Ofen, um allmählich und tröpfelnd wieder aufzutauen. Streckte abwechselnd meine dürren Beine in die Luft, damit die Mutter an den nassen Stiefel ziehen konnte. Dann gab es einen Becher heiße Schokolade, vielleicht noch eine Geschichte aus dem Bilderbuch, in dem du oft die Hauptrolle spieltest.
Denn nur du lässt es kleine Sterne auf die Erde regnen. Erfindest malerische Orte. Zauberst über Nacht aus Städten, Dörfern und Landschaften märchenhafte Kulissen. Du verpasst den höchsten Berggipfel dicke Puderzuckerhüte und legst wärmende Tücher zum Schutz vor Kälte und Frost über die Schultern der lodenfarbenen Tannenwälder.



Bis heute bist du mir die schönste Entschuldigung dafür geblieben, einen ganzen langen Tag nicht aus dem Haus zu gehen. Mich unter meiner kuscheligen Sofadecke zu verstecken um Bücher zu lesen, Pulswärmer zu stricken oder einen Blogpost zu schreiben.
Mit dir an meiner Seite trinke ich morgens im Bett einen großen Becher Tee, der mir behutsam dabei hilft wach zu werden, wenn die Sonne einfach nicht aufstehen will. Nur bei dir darf ich den lieben langen Tag in Kerzenlicht baden und an betörenden Düften schnuppern. In all diesen Momenten möchte ich dich liebend umarmen und gar nicht mehr loslassen. Wie sehr ich unsere gemütliche Nachmittage lieber Klaus Winter. Du bist meine Muse, meine Inspiration!
Bist du hier, kann ich einen kompletten Schönheitstag einlegen, meine Haarkur stundenlang unter einem Turban auf dem Kopf einwirken lassen und nebenbei mit einer selbstgemachten Gesichtsmaske herumlaufen. In schwarz oder grün. In gelb mit roten Punkten, dass spielt keine Rolle. Bis mittags um Zwölf. Im Schlabberpyjama und löchrigen Wollsocken. 




 

 
 



Bin ich draußen, darf ich knallwarme und gemütliche Stiefel tragen. Meine nicht frisierten Haare unter meiner Lieblingsmütze verstecken. Ich kann die Bluse mit den roten Tomatenflecken unterm Wollmantel tragen. Ohne dass es jemandem auffällt und er mich merkwürdig betitelt.

Als weiser, schlauer Mann hast du natürlich längst bemerkt, dass ich dem Sommer den deutlichen Vorzug gebe. Mit ihm hat man einfach mehr Spaß am Baggersee oder im Biergarten. Bei Unternehmungen und Ausflügen. Das musst du verstehen. Ich bin ein Sommermeisje, und ich werde es auf immer und ewig bleiben. Ich liebe einfache, unkomplizierte Sommertage. Wenn sie nicht zickig und beleidigt sind wie eine alternde Diva.
Doch DICH weiß ich zu achten und zu schätzen du guter Freund. In guten Zeiten, in schlechten Zeiten.
Bist du auch der allergrößte Schnupfen- und Virenverteiler den ich kenne. Damit gehst du großzügig um und stellst keine Frage, ob ein Schnupfen gerade angebracht ist.Aber genau damit hältst du die Pharma- und Kosmetiktücherindustrie dieses Landes am Laufen. Und sicherst somit meinen Job. 

Sei bitte nicht traurig oder beleidigt über diese Zeilen, die ich dir heute schreibe. Nimm dir meine Worte nicht so sehr zu Herzen. Das musst du nicht, das hast du auch gar nicht nötig. 
Aber, ganz im Vertrauen und unter uns: Ich mache mir Sorgen lieber Klaus, du wirkst so traurig. Geht es dir nicht gut da oben? Seit Wochen und Monaten schickst du uns deine Tränen! Sie versammeln sich hier auf der Erde zu manch dünnen Rinnsal, erst vorsichtig nur. Um dann in ihrer gewaltigen Summe und Fülle beängstigend anzusteigen. Um mich herum sehe ich nur noch Wassermassen. In glänzenden Pfützen so groß wie Badeseen. Auf Wiesen und Waldböden, die schmatzen sobald man sie nur betritt. Den Flüssen ist es viel zu eng in ihrem Bett geworden und sie verteilen ihre Lasten in die Gassen und Keller der Anwohner hier am Rhein und seinen Kindern, den Nebenflüssen. 
Der Himmel ist bleigrau und mit nichts zu trösten!

Ich weiss mir einfach keinen anderen Rat, als dir in aller Freundschaft diese Zeilen mit meiner persönlichen Empfehlung zu schreiben. Hör auf dein Meisje: 
Gönne dir deinen wohlverdienten Schlaf, du müder, alter Mann. Leg dich zur Ruhe um deine hängenden Schultern zu straffen, um dich zu reseten für deinen Besuch zum Jahresende. Wir werden dich freudig erwarten und gebührend empfangen. Versprochen! 

Wie sagt man so schön im Volksmund? Die Sehnsucht kommt stets mit der Entfernung. Schlaf schön mein Freund!

Im Januar 2018. Herzlichst, dein Meisje





P.S. Sei so lieb, und schick` uns nun deinen kleinen Bruder Frühling. Sag ihm, das wir uns riesig über seine Ankunft freuen und schon mit offenen Armen auf ihn warten.


20 Kommentare:

  1. Das ist ein wundevoller Brief!
    Mir fehlen die passenden Worte um zu beschreiben wie gut mir die Minuten des Lesens gefallen haben!
    Ich wünsche Dir ein winterliches Wochenende mit Frühlingsvorfreude.

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  2. Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

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  3. Wie wunderschön geschrieben, ich liebe den Herrn Winter sehr.Kenne ihn schon über 60zig Jahre.Früher war er strenger,er ist sehr milde geworden, leider.Bin halt ein Winterkind.Liebe Elke es war wunderschön bei dir, hast in mir schöne Erinnerung geweckt.Mit diesen Erinnerungen werde ich jetzt schlafen gehen. Wünsche dir auch eine traumhaft schön Nacht. Fühl dich Umarmt, Anne.

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  4. ohhhhh..
    was für eine schöne und herzerwärmende Geschichte ;)
    ja.. der Herr Winter ist dieses Jahr wohl nicht gut drauf..
    früher.. jaa.. da hatte ews Schnee..
    da gingen wir rodeln ..
    auch hier am Rhein..
    aber ich fürchte so schnell wird er noch nicht schlafen gehen ;)
    liebe Grüße
    Rosi

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  5. Das war das erste, was ich heute neben einer Tasse Kaffee gemacht habe, Deinen Brief an Hr. Klaus gelesen und er wärmt mir gerade das Herz.
    glg Susanne

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  6. Welch ein schöner Post...
    deine Zeilen habe ich sehr genossen.
    Ein gemütliches Wochenende wünscht dir
    Heike

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  7. Wie wunderbar geschrieben, richtig schön ..... vielen Dank dafür :-)
    ... ohne Winter kein Frühling... er kommt bestimmt bald . . .
    Hab ein ganz schönes Wochenende
    LG Dani

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  8. Wunderschön geschrieben, du hast mich zu Tränen gerührt.
    Die traumhaft schönen Bilder....
    Ein erholsames Wochenende sendet dir Renata

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  9. Welch wunderschöne Zeilen!!! Und dann noch die tollen Bilder dabei.
    Und auch von mir nur die liebsten Wünsche an den Herrn Klaus, er hat sich eine Pause mehr als verdient und darf gerne die Arbeit dem kleinen Bruder Frühling überlassen.
    Liebe Grüße
    Jasmin

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  10. Welch liebe Homage an diesen Herrn! ;-)
    Deine Bilder dazu gefallen mir ebenfalls sehr gut!

    Liebgruß,
    Tiger
    🐯

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  11. Wie wunderschön, zum dahinschmelzen ... so wirds auch Herr Winter ergehen ;)
    Gruß Doris

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  12. Wow, das ist mal ein wunderschöner Brief...,und die Bilder traumhaft schön. Ich glaube der Klaus, wird bestimmt seinen kleinen Bruder schicken.
    Wünsche dir einen schönen Samstagabend
    Liebe Grüße
    Silvana

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  13. Liebe Meisje,
    vielen Dank für deinen Besuch und die lieben Worte auf unserem Blog!
    Wow, ein sehr schöner Brief und so tolle Bilder! Ich freue mich auch schon auf den Frühling.
    Bei dir gefällt´s uns auch, wir werden öfter vorbeikommen.
    Liebe Grüße,
    Carina

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  14. wunderbare Worte liebe Elke, hach ich würde mich schon über einen klitzekleinen Sonnenstrahl freuen, denn dieses graue und triste neblige Nichts mag ich überhaupt gar nie nicht.

    Herzlichst
    Kerstin

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  15. Liebe Elke,
    was für ein toller Brief an Klaus Winter! Du hast in Worte gefasst, was viele von uns denken.
    Es ist schon lange kein Winter mehr wie wir Ihn aus unserer Kindheit kennen, mal ganz abgesehen davon das wir als Kind ganz anders gefühlt haben.
    Dieses triste Einheitsgrau da draußen mag ich auch nicht mehr sehen. Frühling wir warten auf Dich!

    Liebe Grüße

    Monika

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  16. Deine wunderschöne und fantasievolle Geschichte habe ich mit Vergnügen gelesen liebe Meise.
    Mit lieben Grüßen
    Sigi

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  17. War das schööööön mein kleines Zuckermäuschen:)))Den Brief hast du so toll geschrieben...Mal schauen ob wir im nächsten Winter auch etwas Schnee abbekommen,mit den 3 Krümel die wir hier abbekommen bin ich nicht einverstanden:(((Vielleicht schreibe ich ihm auch mal ein paar Zeilen...

    Liebe Grüße
    Annett

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  18. So wunderschöne Worte. You made my day.
    Herzlichst Ulla

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  19. Hallo Meisje!
    Das ist ein lieber Brief an Herrn Winter,
    bin gespannt wann er ihn erreicht. ☺
    Heute gab es hier im Norden endlich mal wieder
    Sonne und die Schleusentore waren geschlossen.
    Liebe Grüße, Kerstin

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  20. Liebe Meisje

    Sehr schön hast du die Worte getroffen über Herrn Winter.

    Freue mich nun hier bei dir sein zu dürfen.

    Wünsche dir ein ganz schön langes Wochenende!

    Sei leib gegrüsst von Bea

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