Lavendeldinge

26 Juli

Schon als Mädchen produzierte ich mein eigenes Parfum, indem ich Blütenblätter von den Rosen aus der Nachbarschaft zupfte, um sie über Nacht in ein Wasserglas zu legen. Tags darauf betupfte ich mir mit meinen kleinen Fingern den Hals, die Kniekehlen und die Handgelenke, so wie ich es immer bei meiner Mutter beobachtet habe und bildete mir ein, nach dem schönsten Rosenparfüm zu duften.
Je nach Jahreszeit stellte ich in meinem kleinen Labor Veilchen- und Nelkenparfüm her, Mandarine, Tannenzapfen, Schokolade oder Lebkuchen. Ich experimentierte mit allem, was in meiner Vorstellung gut roch, legte es in (winzigen Emailletassen oder dem Puppengeschirr) in Wasser, und stellte sie unters Bett, wo sie dann oft vergessen wurden. Das Wasser verdunstete, die Förmchen trockneten ein und zurück blieb nichts als ein dünner Rand, oder, je nach Zutat, ein verkrustetes Etwas.

Manchmal, in der Regel freitags, fielen meine Kreationen dem Schrubber meiner Mutter zum Opfer, der sie mit einem gekonnten Schwung vom Bettboden in die nächste Zimmerecke verfrachtete. Die Flüssigkeit war vergossen, wurde mit dem Lappen aufgewischt und landete im Putzwasser. Die Duftbotschaft war dahin und meine Karriere als Parfumeuse kam danach irgendwie auch nie mehr in Schwung. Ich wurde reifer und mit dem erwachsen werden, setzte ich ganz andere Prioritäten. 
   
   
Dennoch habe ich meine Liebe zu Düften nie verloren und ich bin bis heute der Meinung, das kaum etwas unsere Stimmung und unser Wohlbefinden so unterbewusst beeinflussen kann wie ein Duft.
Düfte sind unsichtbar und überall da, wo man sie anfangs gar nicht vermutet. Ich stecke meine Nase beinahe in alles.
Dabei faszinieren mich die einfachen, natürlichen Düfte am meisten.

  • die ersten Veilchen im Frühling, die sich mutig aus der Erde trauen  
  • ein frischbezogenes Bett
  • ein Topf mit Rosmarin oder Basilikum, beide sind unglaublich frisch und würzig.
  • ein Glas Wein
  • ofenwarmes Brot
  • frisch gemähtes Gras
  • klare, salzige Seeluft 
  • Sommerregen, der auf Asphalt prasselt
  • ein Baby, das nach süßer Milch und Zwieback duftet
  • der flüchtige Hauch eines Parfums, dass, wenn Wind aufkommt und der Trägerin die Haare aufwirbelt und alle Passanten genießerisch tief einatmen lässt.
  • ein rauchiges Kaminfeuer
  • harzige Tannenzweige, würzigen Zimt, samtige Vanille, frische Orange, Nürnberger Lebkuchen und fruchtigen Punsch, zuhause oder beim Christmas-Shopping
  • eine Tasse Kaffee
  • die Luft eines kalten, klaren Wintertages
  • flüsterleisen, über Nacht gefallenen Schnee
  • Blumen natürlich, allen voran meine Lieblinge. Ranunkel, Pfingstrosen und ...Lavendel.

Ich habe immer eine kleines Lavendel Bukett am Bett stehen, in der Wäscheschublade liegt ein genähtes Lavendelsachets. Es duftet nicht sehr intensiv, altmodisch oder tantig. Eher gerade so nach dem Hauch eines leichten Sommertages. Nach dezenter Frische, nach frischgewaschener Wäsche. Knetet man allerdings diese Säckchen mit den Händen, explodiert das Lavendelaroma förmlich daraus. Laut und sophisticated as can be.




Lavendel erinnert mich an die Provence, an den weichen Süden Frankreichs, an endlose, violette Felder, in denen es von Insekten nur so wimmelt, das es einem vor Glück ganz schummrig wird und man automatisch lächeln muß. Ganz egal wie bescheiden der Tag bisher auch gewesen sein mag. Der Lavendel zieht einem den Grauschleier vom Tag bis man allen Ärger vergisst und auf der Stelle strahlt, wie angeknipst. Ich vermute, das in diesen Pflanzen irgendein Stoff steckt der heimlich dafür sorgt, das man von innen leuchtet.

 
  

Einige Kilometer von hier, haben Moselwinzer tatsächlich ein Lavendelfeld zu Füßen eines Weinberges angelegt. Mit dem Razejungewingert kam ein richtiges Stückchen Provence an die Mosel. Die Lavendelfelder sind für die Bienen ein Fest und so wird neben Wein, vornemlich dem Riesling, auch fleißig Honig produziert.


 
  
 

 
 
 
      
Hattest du schon einmal das Vergnügen, mitten in einem Lavendelfeld zu stehen und mit deinen Händen über die winzigen Blüten zu streichen? Sofort strömt ein unglaublicher Duft durch die Luft und landet direkt in deiner Nase. Probier das einmal aus, wenn du das nächste Mal einem Lavendelstrauch siehst. Die wenigsten von uns haben vermutlich das Glück, ein ganzes Lavendelfeld vor der eigenen Tür zu haben.
Ich schon mal gar nicht.
Umso glücklicher war ich über Alexandras Angebot, bei ihr etwas Lavendel schneiden zu dürfen. Sie hat prächtige Pflanzen davon direkt vor der Haustür. Auf der Heimfahrt mit Fahrrad hatte ich neben dem Lavendel noch etliche Hummeln im Transportkorb, die sich durch den frischen Fahrtwind überhaupt nicht gestört fühlten und sich weiterhin munter an den Blüten labten.
Zuhause habe ich den Lavendel gebündelt und kopfüber an eine Leiter gehängt, gleich neben meinen Mannequins. Nun beistze ich, tres belle, ein kleines Zimmer mit viel französischem Charme.

 

 

Später werde ich hübsche Lavendelssäckchen daraus nähen, oder Heukissen binden, das geht auch ohne Nähmaschine. Eine schöne Arbeit, wenn der Herbstwind später draußen an den Fenstern rüttelt und wir es uns wieder drinnen behaglich machen.
Für meine Mini-Lounge habe ich ein Herz aus Weinreben gebunden, und Schafgarbe-, Getreide- und Lavendelbündel daran gedrahtet. So kann ich beim Lesen noch mehr entspannen. Ein Herz aus Weinreben lässt sich später jahreszeitlich herrlich verändern.

 


  




Manche Begegnungen hat man noch lange vor Augen, geht dir das auch hin und wieder so?

Wenn ich in Frankreich unterwegs bin, schaue ich mir sehr gerne Kirchen an. Darunter sind richtige Schönheiten. Ganz besonders die unscheinbaren, die nicht in einem Reiseführer empfohen werden, besitzen einen ganz eigenen Charme und haben es mir angetan.
Ich erinnere mich heute noch an die alte, in schwarz gekleidete Frau, die in dem windschiefen Dorfkirchlein von Venasque auf einem Holzbänkchen kniete. Sie hielt ein verblichenes Gebetbuch in ihren faltigen, mit blauen Äderchen druchzogengen Händen, in dem ein getrocknetes Zweiglein Lavendel steckte. Einsam, mitten im Hier und Jetzt, blickte sie auf das Gestern, alles Gewesene und Vergangene. Ihren Blick fest auf dieses zerbrechliche, dürre Zweiglein gerichtet als versuche sie, darin zu lesen und Antworten zu finden.
Dachte sie vielleicht an einen ganz besonderen Tag in ihrem Leben, in dem ihr der Liebste diesen Lavendelzweig pflückte, und ihn ihr überreichte?
Der Liebste, der irgendwann aus ihrem Leben ging, aber niemals aus ihren Erinnerungen und Träumen? Nur sie alleine weiß, welche Geschichte hinter diesen vertrockneten Blüten steckt.

Ich erinnere mich nicht mehr an die Bilder, die Heiligen oder die Innenausstattung dieser kleinen, französischen Kirche. Allein, an die Begegnung in dieser hölzernen Kirchenbank.
 






Alles, alles Liebe, Meisje

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6 Kommentare

  1. Ach deine Bilder und Texte sind einfach schön und laden ein zum Verweilen.
    Schöne Sommertage wünsche ich dir. L.G.Edith

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  2. Liebe Edit, vielen herzlichen Dank für das dicke, schöne Kompliment. Das ist so lieb von dir ; *
    Ich wünsche dir auch viele, fantastische, vor allem leichte Sommertage mit schönen Momenten und Begegnungen, vor allem aber mit viiiiel Zeit nur für dich!
    Fühl dich fest gedrückt und komm gut in die neue Woche, xox, Meisje

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  3. Das Lavendelfeld in Lehmen ist wunderschön liebe Elke,
    ich habe es auch besucht.
    Der Duft dort ist so wunderbar.
    Auch Deine zarte Lavendeldeko ist hübsch, so ein Herzchen ist immer was Feines.
    Dir einen duftenden Sommertag, lieben Gruß
    Nicole

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  4. Aaaahhhhh, Lavendel- einer meiner liebsten Düfte! So lieblich und zart, und doch mit einer ganz leichten, holzigen Unternote. Ausserdem diese Farbe! Und die Planze ist genügsam, widerstandsfähig und freut das Auge mit ihrem üppigen Wachstum. Eine, die wirklich (in meinen Augen!) zu den bemerkenswertesten gehört!
    Gerade letzthin habe ich mir 2 Pflanzen davon geholt und hab sie zusammen in einen grossen Topf gesetzt- sehr zur Freude der Insekten in unserem Garten.
    Sowieso: die Düfte der Natur sind grundsätzlich die angenehmsten und lösen in unserem Gehirn sofort viele vertraute Assoziationen, z.B. an unsere Zeit als Kinder, aus. Dazu gehören für mich auch frischgemähtes Gras, ausserdem feuchte Erde, der Geruch nach angeschrögeltem Tannenreisig etc.
    Woran das Zweiglein die alte Frau in dem Kirchlein erinnert und sie zu solch tiefen Gedanken veranlasst hat- das würde mich tatsächlich auch interessieren. Aber das wird ihr Geheimnis bleiben!
    Ganz herzliche Grüsse!
    PS: Das Weinrebenherz ist so einfach wie schön- wie alles, das mit viel Liebe entstanden ist!

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  5. Liebe Elke,
    es ist immer wieder Freude pur und ganz tiefes Empfinden Deine gefühlvollen Post zu lesen und zu schauen. Das sind Streicheleinheiten für die Seele!
    Auch Dir alles, alles Liebe
    Heidi

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  6. Hallo Elke, so wunderbare Bilder! Ich war sofort gedanklich und "herzlich" in der Provence gelandet. Lavendelfelder sind Anblicke, die man/frau nie vergisst.
    Liebe Grüße, Pia

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