Winterbriefe an Herrn Klaus
26 Januar
Sehr geehrter Herr Winter,
nun kennen wir uns schon etwas mehr als ein halbes
Jahrhundert, mein ganzes Leben lang. Du bist das Viertel eines Ganzen. Vier Himmelsrichtungen, vier Elemente, vier Jahreszeiten. Ohne dich wäre kein Jahr komplett. Du gehörst dazu. Du bist mein Vertrauter und kein Unbekannter. Und genau aus dem Grund glaube
ich, dass wir beide über alles ganz offen miteinander reden können. Ich darf doch DU zu dir sagen, Klaus?
Du kommst mit Silberhaar und Lichterketten, mit
einer festlichen Weihnacht und einer ausgelassenen Silvesterparty.
Du beschenkst und mit einem jungen Jahr und seiner Stille.
Unbeschrieben, rein und mit unendlichen Möglichkeiten. Du übergibst es uns zuverlässig und Punkt Zwölf. So
feierlich, das wir es mit Raketen, Wunderkerzen und offenen Armen
empfangen.
Liebster Klaus Winter, ich kann mich gut daran erinnern, das
ich als Kind vom Rodeln nach hause kam. Schrecklich verfroren, vom kleinen Zeh
bis unter die Zipfelspitzenmütze. Zu hause legte ich mich kommentarlos und in voller
Montur einfach auf den Küchenboden, direkt vor dem warmen Ofen, um
allmählich und tröpfelnd wieder aufzutauen. Streckte abwechselnd
meine dürren Beine in die Luft, damit die Mutter an den nassen Stiefel ziehen
konnte. Dann gab es einen Becher heiße Schokolade, vielleicht noch
eine Geschichte aus dem Bilderbuch, in dem du oft die Hauptrolle
spieltest.
Denn nur du lässt es kleine Sterne auf die Erde regnen. Erfindest malerische Orte. Zauberst über Nacht aus Städten, Dörfern und
Landschaften märchenhafte Kulissen. Du verpasst den höchsten
Berggipfel dicke Puderzuckerhüte und legst wärmende Tücher zum Schutz vor Kälte und Frost über die Schultern der lodenfarbenen Tannenwälder.
Bis heute bist du mir die schönste Entschuldigung
dafür geblieben, einen ganzen langen Tag nicht aus dem Haus zu
gehen. Mich unter meiner kuscheligen Sofadecke zu verstecken um
Bücher zu lesen, Pulswärmer zu stricken oder einen Blogpost zu
schreiben.
Mit dir an meiner Seite trinke ich morgens im Bett
einen großen Becher Tee, der mir behutsam dabei hilft wach zu
werden, wenn die Sonne einfach nicht aufstehen will. Nur bei dir
darf ich den lieben langen Tag in Kerzenlicht baden und an betörenden
Düften schnuppern. In all diesen Momenten möchte ich dich liebend
umarmen und gar nicht mehr loslassen. Wie sehr ich unsere gemütliche Nachmittage lieber Klaus Winter. Du bist meine Muse, meine Inspiration!
Bist du hier, kann ich einen kompletten
Schönheitstag einlegen, meine Haarkur stundenlang unter einem Turban
auf dem Kopf einwirken lassen und nebenbei mit einer selbstgemachten
Gesichtsmaske herumlaufen. In schwarz oder grün. In gelb mit roten Punkten, dass spielt keine Rolle.
Bis mittags um Zwölf. Im Schlabberpyjama und löchrigen Wollsocken.
Bin ich draußen, darf ich knallwarme und gemütliche
Stiefel tragen. Meine nicht frisierten Haare unter meiner
Lieblingsmütze verstecken. Ich kann die Bluse mit den roten
Tomatenflecken unterm Wollmantel tragen. Ohne dass es jemandem
auffällt und er mich merkwürdig betitelt.
Als weiser, schlauer Mann hast du natürlich
längst bemerkt, dass ich dem Sommer den deutlichen Vorzug gebe. Mit ihm hat
man einfach mehr Spaß am Baggersee oder im Biergarten. Bei
Unternehmungen und Ausflügen. Das musst du verstehen. Ich bin ein Sommermeisje, und ich
werde es auf immer und ewig bleiben. Ich liebe einfache, unkomplizierte Sommertage. Wenn sie nicht zickig und beleidigt sind
wie eine alternde Diva.
Doch DICH weiß ich zu achten und zu schätzen du guter Freund. In guten Zeiten, in schlechten Zeiten.
Bist du auch der allergrößte Schnupfen- und Virenverteiler den ich kenne. Damit gehst du großzügig um und stellst keine Frage, ob ein Schnupfen gerade angebracht ist.Aber genau damit hältst du die Pharma- und Kosmetiktücherindustrie dieses Landes am Laufen. Und sicherst somit meinen Job.
Bist du auch der allergrößte Schnupfen- und Virenverteiler den ich kenne. Damit gehst du großzügig um und stellst keine Frage, ob ein Schnupfen gerade angebracht ist.Aber genau damit hältst du die Pharma- und Kosmetiktücherindustrie dieses Landes am Laufen. Und sicherst somit meinen Job.
Sei bitte nicht traurig oder beleidigt über diese Zeilen, die ich dir heute schreibe. Nimm dir
meine Worte nicht so sehr zu Herzen. Das musst du nicht, das hast du
auch gar nicht nötig.
Aber, ganz im Vertrauen und unter uns: Ich
mache mir Sorgen lieber Klaus, du wirkst so traurig. Geht es dir nicht gut da oben? Seit Wochen
und Monaten schickst du uns deine Tränen! Sie versammeln sich hier auf
der Erde zu manch dünnen Rinnsal, erst vorsichtig nur. Um dann in
ihrer gewaltigen Summe und Fülle beängstigend anzusteigen. Um mich herum sehe ich nur noch Wassermassen. In glänzenden Pfützen so groß wie Badeseen. Auf Wiesen und Waldböden, die schmatzen sobald man sie nur betritt. Den Flüssen ist es viel zu eng in ihrem Bett geworden und sie verteilen ihre Lasten in die
Gassen und Keller der Anwohner hier am Rhein und seinen Kindern, den Nebenflüssen.
Der
Himmel ist bleigrau und mit nichts zu trösten!
Ich weiss mir einfach keinen anderen Rat, als dir in aller Freundschaft diese Zeilen mit meiner persönlichen Empfehlung zu schreiben. Hör auf dein Meisje:
Ich weiss mir einfach keinen anderen Rat, als dir in aller Freundschaft diese Zeilen mit meiner persönlichen Empfehlung zu schreiben. Hör auf dein Meisje:
Gönne dir deinen wohlverdienten Schlaf, du müder, alter
Mann. Leg dich zur Ruhe um deine hängenden Schultern zu straffen, um dich zu reseten
für deinen Besuch zum Jahresende. Wir werden dich freudig erwarten und gebührend empfangen. Versprochen!
Wie sagt man so schön im Volksmund? Die Sehnsucht kommt stets
mit der Entfernung. Schlaf schön mein Freund!
Im Januar 2018. Herzlichst, dein Meisje
P.S. Sei so lieb, und schick` uns nun deinen
kleinen Bruder Frühling. Sag ihm, das wir uns riesig über seine
Ankunft freuen und schon mit offenen Armen auf ihn warten.
20 Kommentare
Das ist ein wundevoller Brief!
AntwortenLöschenMir fehlen die passenden Worte um zu beschreiben wie gut mir die Minuten des Lesens gefallen haben!
Ich wünsche Dir ein winterliches Wochenende mit Frühlingsvorfreude.
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
AntwortenLöschenWie wunderschön geschrieben, ich liebe den Herrn Winter sehr.Kenne ihn schon über 60zig Jahre.Früher war er strenger,er ist sehr milde geworden, leider.Bin halt ein Winterkind.Liebe Elke es war wunderschön bei dir, hast in mir schöne Erinnerung geweckt.Mit diesen Erinnerungen werde ich jetzt schlafen gehen. Wünsche dir auch eine traumhaft schön Nacht. Fühl dich Umarmt, Anne.
AntwortenLöschenohhhhh..
AntwortenLöschenwas für eine schöne und herzerwärmende Geschichte ;)
ja.. der Herr Winter ist dieses Jahr wohl nicht gut drauf..
früher.. jaa.. da hatte ews Schnee..
da gingen wir rodeln ..
auch hier am Rhein..
aber ich fürchte so schnell wird er noch nicht schlafen gehen ;)
liebe Grüße
Rosi
Das war das erste, was ich heute neben einer Tasse Kaffee gemacht habe, Deinen Brief an Hr. Klaus gelesen und er wärmt mir gerade das Herz.
AntwortenLöschenglg Susanne
Welch ein schöner Post...
AntwortenLöschendeine Zeilen habe ich sehr genossen.
Ein gemütliches Wochenende wünscht dir
Heike
Wie wunderbar geschrieben, richtig schön ..... vielen Dank dafür :-)
AntwortenLöschen... ohne Winter kein Frühling... er kommt bestimmt bald . . .
Hab ein ganz schönes Wochenende
LG Dani
Wunderschön geschrieben, du hast mich zu Tränen gerührt.
AntwortenLöschenDie traumhaft schönen Bilder....
Ein erholsames Wochenende sendet dir Renata
Welch wunderschöne Zeilen!!! Und dann noch die tollen Bilder dabei.
AntwortenLöschenUnd auch von mir nur die liebsten Wünsche an den Herrn Klaus, er hat sich eine Pause mehr als verdient und darf gerne die Arbeit dem kleinen Bruder Frühling überlassen.
Liebe Grüße
Jasmin
Welch liebe Homage an diesen Herrn! ;-)
AntwortenLöschenDeine Bilder dazu gefallen mir ebenfalls sehr gut!
Liebgruß,
Tiger
🐯
Wie wunderschön, zum dahinschmelzen ... so wirds auch Herr Winter ergehen ;)
AntwortenLöschenGruß Doris
Wow, das ist mal ein wunderschöner Brief...,und die Bilder traumhaft schön. Ich glaube der Klaus, wird bestimmt seinen kleinen Bruder schicken.
AntwortenLöschenWünsche dir einen schönen Samstagabend
Liebe Grüße
Silvana
Liebe Meisje,
AntwortenLöschenvielen Dank für deinen Besuch und die lieben Worte auf unserem Blog!
Wow, ein sehr schöner Brief und so tolle Bilder! Ich freue mich auch schon auf den Frühling.
Bei dir gefällt´s uns auch, wir werden öfter vorbeikommen.
Liebe Grüße,
Carina
wunderbare Worte liebe Elke, hach ich würde mich schon über einen klitzekleinen Sonnenstrahl freuen, denn dieses graue und triste neblige Nichts mag ich überhaupt gar nie nicht.
AntwortenLöschenHerzlichst
Kerstin
Liebe Elke,
AntwortenLöschenwas für ein toller Brief an Klaus Winter! Du hast in Worte gefasst, was viele von uns denken.
Es ist schon lange kein Winter mehr wie wir Ihn aus unserer Kindheit kennen, mal ganz abgesehen davon das wir als Kind ganz anders gefühlt haben.
Dieses triste Einheitsgrau da draußen mag ich auch nicht mehr sehen. Frühling wir warten auf Dich!
Liebe Grüße
Monika
Deine wunderschöne und fantasievolle Geschichte habe ich mit Vergnügen gelesen liebe Meise.
AntwortenLöschenMit lieben Grüßen
Sigi
War das schööööön mein kleines Zuckermäuschen:)))Den Brief hast du so toll geschrieben...Mal schauen ob wir im nächsten Winter auch etwas Schnee abbekommen,mit den 3 Krümel die wir hier abbekommen bin ich nicht einverstanden:(((Vielleicht schreibe ich ihm auch mal ein paar Zeilen...
AntwortenLöschenLiebe Grüße
Annett
So wunderschöne Worte. You made my day.
AntwortenLöschenHerzlichst Ulla
Hallo Meisje!
AntwortenLöschenDas ist ein lieber Brief an Herrn Winter,
bin gespannt wann er ihn erreicht. ☺
Heute gab es hier im Norden endlich mal wieder
Sonne und die Schleusentore waren geschlossen.
Liebe Grüße, Kerstin
Liebe Meisje
AntwortenLöschenSehr schön hast du die Worte getroffen über Herrn Winter.
Freue mich nun hier bei dir sein zu dürfen.
Wünsche dir ein ganz schön langes Wochenende!
Sei leib gegrüsst von Bea
Lass uns ein paar Gedanken da ...